Diese Woche durfte ich bei einem Twittwoch spezial junge Spitzenpolitiker zum Stand der Netzpolitik in Deutschland befragen. Zur Vorbereitung habe ich mir die App der CSU auf mein iPhone geladen. Ein Fehler?
Gleich zu Beginn begrüßte mich ein freundlicher Startbildschirm: „CSU – jetzt noch näher am Menschen!“ Da habe ich mir plötzlich Sorgen gemacht, was genau ich mir da gerade auf mein Smartphone geladen habe. Kann mich der Herr Innenminister ab jetzt orten und gar mithören? Vielleicht kann er sogar heimlich meine Kamera anknipsen und nachschauen, wie’s mir so geht?
Der Trojaner trägt Lederhosen – doch er geht uns alle an. Bundesweit werden Jahr für Jahr tausende Handys und Computer von den Strafbehörden angezapft, ohne dass uns das bewusst ist. Das wäre ja in Ordnung, ginge es tatsächlich um Leben und Tod. Was Polizei und Politik gerne verschweigen: In den meisten Fällen, in denen die sog. Telekommunikations-Überwachung (TKÜ) zum Einsatz kommt, geht es um minderschwere Verbrechen, etwa um Drogendelikte oder um Bandenkriminalität. So auch jüngst beim Bayerntrojaner. Es werden mehr Telefone von Steuersündern angezapft als von potentiellen Terroristen oder Kinderschändern. Solche. Zahlen werden nicht gerne publik gemacht, waren lange Zeit nur auf schriftliche Anfrage eines Parlamentariers einsehbar.
Ich frage mich: Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure? Die Datenschutz-beauftragten der Länder? Die waren oft bis zuletzt dem eigenen Innen-ministerium unterstellt, also genau jener Behörde, die sie zu überwachen hatten. In Deutschland gibt es 6 Millionen Strafverfahren pro Jahr, Richter und Staatsanwälte sind hoffnungslos überlastet. Eine Studie der Universität Bielefeld aus dem Jahr 2003 kommt zu dem Schluss, dass drei Viertel aller Überwachungsmaßnahmen in Deutschland rechtswidrig zustande kommen. Auch das Max-Planck-Institut bestätigt in einer unabhängigen Untersuchung, dass es in der Überwachungspraxis an Transparenz und Kontrolle mangelt.
Es mag bizarr anmuten, aber mit dem Staatstrojaner haben die Innenminister gerade jenen rechtsfreien Raum geschaffen, vor dem sie selbst immer und immer wieder lautstark warnen. Nicht auszudenken, wie es den Revolutionären in Ägypten ergangen wäre, hätten die Machthaber über einen solchen Trojaner aus Bayern verfügt.
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Klasse Beitrag und mit Deiner Frage:“Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure?“ bist Du nicht allein – leider.