Heute startet die deutsche Huffington Post. Ein symbolträchtiger Tag für uns Inbetweener, Journalisten mit klassischer Ausbildung auf der nicht enden wollenden Odyssee ins Medien-Neuland.
Wie die meisten meiner Journalisten-Freunde gehöre ich zu den Inbetweeners, der Zwischendrin-Generation. Ich hatte das große Glück, noch Zeitung der alten Schule lernen zu dürfen, damals, nach dem Krieg, als wir die Druckfahnen im Süddeutschen Verlag mit Schere und Klebstoff zusammenbappten. Wir hatten ja nix.
Das gleiche Spiel später beim Hörfunk. Mein Wechsel 1996 von Radio Gong zu Bayern 3, eine Zeitreise, wie ein Ausflug ins Deutsche Museum. Auch am Rundfunkplatz waren Schere und Tesa noch lange die wichtigsten Utensilien, um aus Tonbändern einen sog. „gebauten Beitrag“ zusammenzuflicken.
Warteschleifen im Niemandsland
Flash forward in die digitale Medienwelt. Technisch haben wir aufgerüstet. In den Köpfen aber toben in vielen Funk- und Verlagshäusern noch immer die ewigen Grabenkämpfe zwischen Modernisierern und Bewahrern wie vor 20 Jahren. Das Problem heute: Die alten Geschäftsmodelle funktionieren nicht mehr – die neuen noch nicht.
Dazwischen gefangen: wir, die Inbetweeners. Eine ganze Generation von Journalisten auf Standby, mental anzusiedeln irgendwo zwischen angepasst und rebellisch. Heimatlose auf der Suche nach einer neuen journalistischen Identität. Im Gepäck: unser Laptop und der Traum vom Neuland. Die Realität: nicht enden wollende Warteschleifen im Niemandsland.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Heute startet die Huffington Post Deutschland, eine journalistische Plattform, die ihre Autoren nicht bezahlt. Es mag radikal anmuten, für mau zu arbeiten. Und dann irgendwie auch nicht. Letztes Jahr gönnte ich mir mal den Luxus, einen Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu schreiben. Der Lohn: 77 Euro für knapp zwei Tage Arbeit. Damit abgegolten alle Rechte für Print wie auch Online. 77 Euro. Warum nicht gleich für die Huffington Post bloggen?
Oder besser noch: für mich selbst?
3 Jahre habe ich gebraucht, um mir mit gutjahrs blog einen Namen zu machen, meinen Namen. In dieser Zeit habe ich viel Kreide gefressen, habe gerade von meinen gebührenfinanzierten BR-Kollegen viel Skepsis und Häme erfahren, gelegentlich aber auch Zuspruch. Ich habe gelernt, wie ich Überschriften setze. Wie ich Twitter, Facebook und Google nutzen kann, um auf mich und meine Themen aufmerksam zu machen. Was blieb mir auch anderes übrig? Eine Huffington Post, bei der ich das alles hätte lernen können, gab es nicht.
Machen statt meckern
Gerade für Anfänger oder Umsteiger können große Player wie die Huffington Post eine fantastische Schule sein, um den Online-Beat kennenzulernen, um die Tricks und Kniffe der Branche zu verstehen, sich selbst einen Namen zu machen. Über kurz oder lang sollte das doch das eigentliche Ziel sein, seine eigene, kleine „[Dein Name hier] Post“ zu gründen.
Beispiele für Autodidakten, die das geschafft haben, gibt es auch in Deutschland reichlich: Stefan Niggemeier, Michael Spreng, Thomas Lückerath, Sascha Pallenberg – Journalisten, die Initiative gezeigt und gemacht haben, statt immer nur zu meckern. Nicht anders als eine Arianna Huffington, vielleicht nur ohne das große Geld im Nacken.
Persönliches Fazit
Ob ich für die Huffington Post ohne Bezahlung schreiben würde? Vor 5 Jahren hätte ich mir das durchaus vorstellen können. Inzwischen kann ich es mir zum Glück leisten, mich selbst auszubeuten. Wer noch unsicher ist und nicht weiß, wie das ist, ein Blog unter eigener Flagge zu betreiben: Probiert es doch mal. Tut gar nicht weh.
Hier ein paar Tipps für angehende Blogger Geld verdienen und Ausrüstung.
Weit davon entfernt, schlecht über die HuffPost reden zu wollen – das machen andere bestimmt zu genüge -, hoffe ich doch, dass der von dir beschriebene Weg, mit einem eigenen Blog ohne einen riesigen Player im Hintergrund, auch noch funktionieren wird.
Bleibt einzig die Frage übrig, wovon man dann noch lebt? Woher kommt dann das Geld oder: Wie verdient man sich seinen Lebensunterhalt als „kostenloser“ Schreiber für die Huff?
Man muss streuen. Ich arbeite tagsüber und blogge in meiner Freizeit. Ich betrachte das als Investment. Inzwischen wirft mein Blog sogar richtig Geld ab. Noch nicht genug, um davon leben zu können, aber mehr, als ich mit gleichem Zeiteinsatz bei einer Zeitung verdienen würde.
So mache ich es auch. Aber ich schreibe auch mal für Fachzeitschriften und dort verdiene ich etwas Geld. Aber ich bin auch kein Studierter Journalist und arbeite in einem ganz anderen Bereich.
Im Prinzip muss es aber doch auch heute noch einen Grund geben, Journalismus zu studieren. Man möchte doch von diesem Beruf leben. Und wenn es nur noch unbezahlte Schreiberlinge gibt, wie soll das dann noch möglich sein?
Verstehe. Natürlich gibt es einen guten Grund, Journalist werden zu wollen. Einer: Die Branche erfindet sich gerade neu – wenn auch unfreiwillig. In so einer Phase dabei zu sein, betrachte ich nicht nur als Last. Das Geld wird kommen. Zumindest will ich daran glauben.
Wird auf jeden Fall spannend. Ich als Entwickler schaue da gerne zu, verdiene mit meinem Beruf Geld und freue mich über eine noch digitalere zukunft :)
gutjahr.biz hat aber auch ein „Fernsehgesicht“, das hinter dem Blog steht. Diese Art von Publicity sollte man nicht unterschätzen. Fernsehmoderatoren sind Werbefiguren oder Gala-Gastgeber weil Millionen sie schon gesehen haben, nicht weil sie einen geraden Satz rausbringen.
Einspruch. Im Netz weiß keiner, dass ich auch Fernsehen mache. Spät nachts. Im Dritten Programm.
Na da schlägt jetzt aber die eigene Filterbubble zu. Ich habe Sie vor zig Jahren erstmals im Bayrischen Fernsehen gesehen, kannte Sie vorher nicht. Damals sind Sie mir durch (für BR-Verhältnisse) ungewohnt kritische Nachfragen und Berichte positiv aufgefallen. Den Blog hier fand ich erst viel später und zufällig, erinnerte mich dann an die Sendung(en), sah mir vermutlich auch deshalb den Blog intensiver an und komme seitdem regelmässig hier vorbei.
Auch dazu hat der Herr Gutjahr was geschrieben: http://gutjahr.biz/2013/01/blogger-tipps/
Von meiner Seite her: Mein Blog nutze ich vor allem, um neue Themen auszuprobieren (die „langweiligen, die keine Klicks bringen (weil keine Bilderstrecke drin ist)“. Geld kommt u.a. durch Aufträge von Firmen, die über meinen Blog stolpern.
Ich nutze meinen Blog auch für solche Sachen. Geld verdiene ich halt als Entwickler.