Kaum hat die große IT-Messe in Hannover angefangen ist sie fast schon wieder vorbei. Zurück bleibt ein schaler Nachgeschmack. 

Heute melde ich mich aus Hannover, wo mich beinahe die Kanzlerinnen-Limousine überrollt hätte, als ich gerade wieder zwischen den Messehallen umher irrte. Merkel, im grünen Blazer (Verbeugung vor dem CeBIT-Partnerland Brasilien oder vor einem möglichen Koalitionspartner 2013?) ließ geduldig allmöglichen Tech-Porn über sich ergehen. Ihre Bodyguards hatten alle Hände voll zu tun, sie bei ihrem Messerundgang abzuschirmen, vor aufdringlichen Autogrammjägern und all den Möchtegern-Maschmeyers, die sich mit der Kanzlerin fotografieren lassen oder ihr den Schlüssel zu irgendeiner Ferienwohnung zustecken wollten.

Der Lack ist ab in Hannover, gesellschaftlich und inhaltlich. Die einst so stolze IT-Börse soll nächstes Jahr schon wieder um einen Tag schrumpfen. Viele Branchen-Größen finden erst gar nicht den Weg nach Niedersachsen – trotz Navi. Die Präsentation neuer Mobiltelefone oder Computer, die heutzutage wie Kino-Premieren inszeniert werden, finden schon längst nicht mehr in Hannover statt, sondern auf der Mobile World in Barcelona oder der Consumer Electronics Show in Las Vegas. Und so muss sich die CeBIT eben mit dem begnügen, was bei der Lokalprominenz noch zieht: computergesteuerte Beleuchtungssysteme für Klinkerhäuschen oder Anrufbeantworter mit Fernlöschung.

Daneben natürlich Thema auch in Hannover: Die Wolke und die Frage, was zu tun ist, damit niemand Daten aus der Cloud klaut. Je mehr Daten wir auf fremden Servern lagern, so Angela Merkel in ihrer Eröffnungsrede, desto wichtiger sei es, dass man vertrauen kann. Und so verbindet die Polit-Prominenz wenigstens ein Thema mit Konzernen wie Telekom, Google oder Microsoft: „Managing Trust“ – Vertrauen verwalten. Als ob man etwas verwalten könnte, was man gar nicht besitzt.

Dann plötzlich: Breaking News! Apple präsentiert ein neues iPad mit HD-Display – zigtausend Kilometer entfernt in San Francisco. Die Nachricht von der Produktvorstellung, die zeitgleich mit der CeBIT stattfindet, verbreitet sich wie ein Lauffeuer – über das Internet. Kollektives Seufzen beim Fachpublikum in den Messehallen. Gestrandet auf der falschen Party. Und die Kanzlerin ist auch schon lange wieder weg.

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7 Kommentare
  1. Boris Koch schreibt:

    Ja so sehe ich das auch. Das Ganze hat doch wirklich an Glanz verloren. Innovationen sucht man auf der Cebit vergeblich. Lediglich zum Smaltalk mit Bekannten 1x im Jahr nutze ich die Cebit. Quasi ein Klassentreffen der IT Beauftragten :)

    Tja, der Trend geht Richtung Hausmesse. Kleiner und exklusiver ist angesagt …

    Ein toller Beitrag und vor allem sehr gut verfasst.

    Mfg.
    Boris Koch

  2. Mark Weber schreibt:

    Und als nächstes schreibst du die Funkausstellung runter oder? Und wem soll dieser Artikel bei was helfen? Zum Thema keine Neuheiten: schau doch mal hier http://www.golem.de/specials/cebit-2012/

    • Richard schreibt:

      Das meinst Du hoffentlich nicht ernst, oder? (Neuheiten)

Willkommen!