Social-Scoring-Dienste wie Klout waren erst der Anfang. In Zukunft werden Anzahl und Güte unserer Facebook-Freunde darüber entscheiden, ob wir unseren Traumjob bekommen, welchen Handytarif wir zahlen und wie lange wir in der Telefon-Warteschleife verbringen.
„Haben Sie eine Payback-Karte?“ – Wenn ich diesen Spruch schon höre, krieg ich Schuppen. Genauso gut könnte mich die Kassiererin fragen: „Dürfen wir die Informationen über die Produkte, die Sie gerade erworben haben, zusammen mit all den anderen Daten, die wir im Lauf der Jahre über Sie gesammelt haben, auf Lebenszeit speichern und an Adresshändler verscherbeln? Als Gegenleistung erhalten Sie Prämienpunkte für diesen praktischen Reisefön.“
In nicht allzu ferner Zukunft werden Bonuskarten und ähnliche Tricks, um an unsere Daten heranzukommen, der Geschichte angehören. Dann bezahlen wir mit heruntergelassener Hose, nämlich mit unserem persönlichen Netzwerk. Nicht die Produkte, die wir kaufen, entscheiden über unsere Konsumkraft, sondern die Anzahl und „Güte“ unserer Freunde und Follower bei Facebook oder Twitter. Kunden mit mehr Einfluss und Meinungsmacht werden besser bedient, verbringen weniger Zeit in Warteschleifen, erhalten günstigere Tarife für Waren oder Dienstleistungen.
Früher galten vor allem wir Journalisten als wichtige Meinungsmacher. Ein Grund, weshalb wir mit unserem Presseausweis fragwürdige Rabatte, sei es auf Autos, Handyverträge oder Flugreisen erhalten haben*. Das Internet ändert die Spielregeln. Heute kann jeder Nobody, der halbwegs mit einem Computer umgehen kann, mit seinen Produkt-Bewertungen ein Millionenpublikum erreichen. Es gibt Blogger, die haben mehr Leser als manche Tageszeitung.
Die Wirtschaft hat auf diese Entwicklung reagiert und arbeitet an sog. Social-Scoring-Systemen. Damit können Callcenter-Agenten blitzschnell feststellen, ob sie es am anderen Ende der Hotline mit einem „Influencer“, also einem Kunden mit viel Einfluss, zu tun haben und entsprechend kulant / ignorant reagieren. Personalchefs können ermitteln, wie beliebt ein Job-Bewerber ist und ob er über die „richtigen“ Kontakte verfügt. Ein Partyfoto des Job-Aspiranten kotzend über der Kloschüssel? Kein Problem, solange es sich um die Kloschüssel von Boris Becker nach einer Sause im P1 handelt.
Die Social-Status-Schufa-Abfrage – Ihr haltet das für unwahrscheinlich? Ich sage: Es wäre unwahrscheinlich, wenn es nicht so käme. Warum? Weil es sich Firmen in Zukunft noch weniger leisten können, wichtige Kunden zu verprellen. Darüber hinaus lehrt uns die Geschichte: Was technisch gemacht werden kann, wird früher oder später auch gemacht. Erste Versuche in diese Richtung hat es ja schon gegeben.
Nicht überzeugt? Wir können ja wetten. Mein Wetteinsatz: dieser praktische Reisefön.
…
* Disclaimer: Bis vor kurzem hatte ich selbst noch einen sog. „Journalisten-Tarif“ bei der Telekom
Journalisten Tarif? Das sind doch die Tarife, bei denen mitgeschnitten wird. ;)
Ja, aber nur die besten kommen auch in den Recall.
Bob Dylan The Times They Are A-Changin‘ >
Come gather ‚round people
Wherever you roam
And admit that the waters
Around you have grown
And accept it that soon
You’ll be drenched to the bone
If your time to you
Is worth savin‘
Then you better start swimmin‘
Or you’ll sink like a stone
For the times they are a-changin‘.
Come writers and critics
Who prophesize with your pen
And keep your eyes wide
The chance won’t come again
And don’t speak too soon
For the wheel’s still in spin
And there’s no tellin‘ who
That it’s namin‘
For the loser now
Will be later to win
For the times they are a-changin‘.
Come senators, congressmen
Please heed the call
Don’t stand in the doorway
Don’t block up the hall
For he that gets hurt
Will be he who has stalled
There’s a battle outside
And it is ragin‘
It’ll soon shake your windows
And rattle your walls
For the times they are a-changin‘.
Come mothers and fathers
Throughout the land
And don’t criticize
What you can’t understand
Your sons and your daughters
Are beyond your command
Your old road is
Rapidly agin‘
Please get out of the new one
If you can’t lend your hand
For the times they are a-changin‘.
The line it is drawn
The curse it is cast
The slow one now
Will later be fast
As the present now
Will later be past
The order is
Rapidly fadin‘
And the first one now
Will later be last
For the times they are a-changin‘.