Der Social-Media-Meister 2018 heißt FC Bayern. Ob China, Nahost oder USA, der Fußball-Club bespielt über 30 Social-Media-Kanäle in 12 Sprachen, unterhält sein eigenes IT-Rechenzentrum. Ein Gespräch mit dem Mediendirektor Stefan Mennerich über Soziale Netzwerke, personalisierte Inhalte und die Bedeutung von Daten für die Zukunft des Traditionsvereins.
King of Cat Content
Der FC Bayern – keine Trophäe, die nicht schon das Vereinshaus an der Säbener Straße schmückt. In diesem Jahr ist eine neue dazugekommen: Der Preis für die beste Social-Media-Begleitung der 18 Erstligisten über die Bundesliga-Saison 2017/2018. Vergeben wird die Auszeichnung vom Internationalen Fußball Institut (IFI), die Bewertung basiert auf dem Social Media Index (SMI) und unterliegt damit nicht allein subjektiven Faktoren.
Der neue Titel, ein weiterer Schritt des FC Bayern auf seiner Transformation weg vom analogen Fußballverein hin zu – … ja, zu was überhaupt? Zum Medienhaus? Zum Sozialen Netzwerk? Zum IT-Unternehmen? „Wir sind einer der größten Fußballvereine der Welt. Ein Club mit einem angeschlossenen Medienhaus, das hoffentlich wächst“, so Stefan Mennerich, Mediendirektor des Clubs. „Aber der Fußball wird für uns immer im Zentrum stehen.“
Vom Fernsehen ins Netz
Natürlich ist der FC Bayern – wie die gesamte Fußball-Bundesliga – darauf angewiesen, dass seine Spiele von möglichst vielen Menschen gesehen werden. Da führt kein Weg am Fernsehen vorbei. Doch etwas hat sich verändert. Früher, beim Poker um die Übertragungsrechte, ging es noch um die Frage, ob die Spiele frei oder verschlüsselt im Pay-TV laufen. Wenn heute 90 Prozent der Deutschen online und zugleich die meisten Fernseher Internet-tauglich sind, stehen wir vor der Frage: Brauchen wir überhaupt noch klassische Fernsehsender?
Die Einschläge kommen näher
Einen Vorgeschmack für die neue Medienwirklichkeit erlebte der Bayerische Rundfunk vor zwei Jahren (Offenlegung: ich bin selbst BR-Mitarbeiter), als der FC Bayern für die Live-Übertragung der Double-Feier (Meisterschaft und DFB-Pokal) aus dem Münchner Rathaus plötzlich einen sechsstelligen Geldbetrag haben wollte. Der BR war „irritiert“, weigerte sich, die Summe zu bezahlen. Und so beschloss der Fußballclub kurzerhand, die Feierlichkeiten selbst zu übertragen – auf Facebook und YouTube.
Parallel drängen immer mehr Internet-Pioniere in das Sport-TV-Business. Ob Apple oder Amazon, immer häufiger bieten auch Tech-Unternehmen für Sport-Rechte. Der Streaming-Dienst DAZN (man spricht es übrigens [DAS-ON] ) schickt sich, zum Netflix für Sport-Fans zu werden.
Vom Fußballclub zum Medienhaus
Der FC Bayern ist sein eigenes Medienhaus. Dazu gehört seit eh und je das Mitglieder-Magazin, das mit einem gerade komplett überarbeiteten Titel und Layout, gedruckt auf hochwertigen Papier überaus edel wirkt. Seit Februar 2017 hat der Verein einen eigenen Abo-TV-Sender, der rund um die Uhr Spiele, Magazinsendungen und Dokumentationen ausstrahlt.
Doch der FC Bayern wäre nicht der FC Bayern, wenn er sich auf seinen Erfolgen ausruhen würde. Der Rekordmeister hat schon sein nächstes Ziel fest im Blick: die Welt. Schon heute erreicht das Unternehmen mit seinen 30 Social Media Kanälen 80 Millionen Menschen rund um den Globus. Nur eine Hand voll Vereine, etwa Real Madrid oder Manchaster United haben mehr.
Die (analoge) Welt ist nicht genug
Doch das ist nur der Anfang. Links neben dem Fan-Shop an der Säbenerstraße entsteht gerade das FCB Digital & Media Lab, das noch dieses Jahr fertiggestellt wird. Hier sollen die digitalen Aktivitäten des Hauses gebündelt und neue Einnahmequellen erschlossen werden. Schon heute leistet sich der FC Bayern seine eigene Inhouse-Agentur, programmiert und hostet seine digitalen Angebote selbst, von der Homepage über das Ticketing bis zu den Apps.
Vom FC zum 1. IT Bayern München?
In Zukunft will man von hier aus Webangebote für Dritte bauen, sogar Whitelabel-Apps für konkurrierende Vereine. „Wir sitzen zwar nicht im selben Boot, aber wir fahren auf dem selben See“, so Digitaldirektor Stefan Mennerich über diese Strategie. Neben Sponsoring und TV-Rechten soll mit IT-Dienstleistungen ein komplett neues Geschäftsfeld entstehen. Und dazu gehören in Zukunft vor allem: Daten.
Personalisierter Content
In Zukunft, da ist sich Stefan Mennerich sicher, zählen vor allem personalisierte Inhalte. „Wir wollen den Fan in Zukunft noch besser auf unseren Plattformen empfangen“, so Mennerich. „Mit seinem Lieblingsspieler, mit einem passenden Video oder auch Trikot seines Lieblingsspielers.“ Aber auch technisch sollen die Inhalte besser auf die unterschiedlichen Geräte und präferierten Netzwerke der User abgestimmt werden. Wer beispielsweise mit einem iPhone unterwegs ist, soll den Content anders zugeschnitten bekommen, als jemand, der stationär auf dem Desktop surft (siehe Video oben).
Schon vor Jahren hat der FC Bayern damit begonnen, eine neue IT-Infrastruktur aufzubauen. Mit dem eigenen Rechenzentrum in Fröttmaning haben die Bayern den ersten Schritt gemacht, die Hoheit über ihre Fan-Daten (=Kundendaten) zurückzugewinnen. Zuvor waren diese auf 52 unterschiedlichen Fremdsystemen verteilt.
Der Weg ist das Ziel
Daneben erforscht der FC Bayern im Media Lab neue Technologien wie Augmented und Virtual Reality. Sogar mit Drohnen experimentiert man an der Säbener Straße. Was die Zukunft bringt, weiß niemand. Deshalb wollen die Bayern beweglich bleiben, sich fit machen für was immer da auch kommt. Hieß es früher noch: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ heißt es heute beim Rekordmeister: „Life is a beta“ – der Weg ist das Ziel.
Offenlegung:
In den vergangenen Jahren war ich gelegentlich für das Social-Media-Team des FC Bayern als externer Berater tätig
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