Das Silicon Valley muss reguliert werden – da sind sich inzwischen alle einig. Doch ist es dazu nicht schon längst zu spät? Könnte eine Zerschlagung der Tech-Giganten vielleicht sogar der bessere Weg sein?
Ein Text in der New York Times erhitzt derzeit die Gemüter im Silicon Valley: „Es wird Zeit, Facebook zu zerschlagen!“, so die reißerische Überschrift eines Gastbeitrages. An dieser Stelle hätte man für gewöhnlich schon aufhören können zu lesen, denn, der Appell, Facebook zu zerschlagen, ist fast so alt, wie Catos Forderung, wonach Karthago zerstört werden müsse.
Doch stammen die Zeilen diesmal nicht, wie sonst üblich, von einem misanthropischen Kulturpessimisten aus dem Feuilleton, sondern von Chris Hughes, einem Gründer und Teilhaber von Facebook. In seinem Text appelliert Hughes an die US-Regierung, Facebook, WhatsApp und Instagram in drei getrennte Unternehmen aufzusplitten.
Zuviel Meinungsmacht in einer Hand
Seine Begründung: Noch nie in der Geschichte der Menschheit habe ein Mensch allein über soviel Meinungsmacht verfügt, wie Mark Zuckerberg. Er entscheidet darüber, was 2,3 Milliarden Menschen weltweit auf ihren Bildschirmen zu sehen bzw. NICHT zu sehen bekommen. Ein Mann, der 60 Prozent der Firmenanteile hält, nicht überstimmbar ist und auch nicht gefeuert werden kann.
Nicht erst seit dem Daten-Skandal um Cambridge Analytica werden auch in den USA die Forderungen nach mehr Regulierung von Facebook und Co lauter. Eine Gesetzesnovelle ist in Arbeit, die sich an der europäischen Datenschutzgrundverordnung orientiert.
Um dem Gesetz zuvorzukommen, erleben wir aktuell eine Charmeoffensive aus dem Silicon Valley, wie wir sie bislang so noch nicht kannten. Kein Event und keine Diskussionsrunde, zu der Facebook oder Google nicht einen Vertreter schickt. Der Tenor: „Bitte reguliert uns!“
Regulierung könnte Facebook nutzen
Auf der hauseigenen Facebook-Entwickler-Konferenz gab Mark (2010: Privacy is over!) – Zuckerberg kürzlich die neue Losung aus: „The future is private.“ – die Zukunft sei privat. Nur wenige Tage später nebenan bei Google das gleiche Lied.
Das Kalkül der Tech-Giganten ist klar: Lieber jetzt ein paar Alibi-Zugeständnisse machen, um härtere Auflagen zu verhindern. Wenn sie es geschickt spielten, könnten die Platzhirsche von den neuen Vorschriften am Ende sogar noch profitieren.
So bizarr das klingt: Eine Regulierung wäre das Beste, was den Tech-Giganten jetzt passieren könnte. Gerade neue Wettbewerber tun sich am Anfang schwer, bürokratische oder personell aufwendige Auflagen zu erfüllen. Durch eine solche neue Einstiegshürde wäre die Alleinherrschaft von Facebook und Google vermutlich über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte zementiert.
So sinnvoll eine Regulierung vor Jahren noch gewesen wäre, ich fürchte, heute würde sie das Gegenteil bewirken. Wir sollten wachsam sein und nicht auf die neuen Töne aus Kalifornien hereinfallen.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Facebook zerschlagen werden muss.