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Das Jahr 2049. Die Welt nach der analogen Apokalypse. Verlage und TV-Sender sind nicht mehr. Die Kommunikation der Menschheit ist aufgegangen in eine globale Facebookratie. Das Protokoll vom Ende der Massenmedien wie wir sie kannten.
HOLO, erzähl mir von der Alten Welt!
Was möchtest Du wissen?
Wie sind die Menschen früher ins Facebook gegangen, so ganz ohne Holo-Linsen?
Es gab kein Facebook.
KEIN FACEBOOK? Hör auf! Und was haben die Menschen gemacht, wenn sie etwas wissen oder sich unterhalten wollten?
Es gab Zeitungen und Fernsehen.
Fernsehen? Was ist das?
Das war ein Kasten, der auf einem Tisch stand und den man zu einer festgelegten Zeit anschalten musste, wenn man eine gewisse Datei abrufen wollte.
Und wenn man zu spät anmachte?
Dann war die Information nicht mehr erreichbar.
Wer denkt sich denn sowas aus?
Du musst wissen, Informationen waren damals ein knappes Gut. Zeitlich wie räumlich begrenzt. Darum waren die Leute bereit, viel Geld für Menschen zu bezahlen, die Informationen herbeischafften.
Im Ernst? Es gab Menschen, die haben Geld verdient mit …Informationen?
Ja, das waren einst angesehene Leute, man nannte sie Journalisten. Die haben die Informationen gesammelt und verarbeitet. Und dann gab es noch Verleger. Denen gehörten die Druckmaschinen und Lastwagen, die für die Verbreitung der Informationen notwendig waren.
Du meinst die haben die Informationen persönlich ausgeliefert – von Hand? Wie krass. Und dann?
Dann kam das World Wide Web. Das änderte alles. Plötzlich übertraf die Zahl an zugänglichen Informationen die Nachfrage bei weitem. Die Verbreitungskosten lagen quasi bei null. Die Folge: Der Preis für Informationsprodukte fiel ins Bodenlose.
Gut für die Menschen – schlecht für die Informationshändler!
Viele Verleger wussten nicht mehr weiter. Auch wenn sie es nicht wahr haben wollten, sie spürten: Das System hatte sich überlebt und musste durch ein Neues ersetzt werden.
Der Beginn der Facebookratie!
Korrekt. Facebook erkannte, dass in einer Welt mit schier unbegrenzter Information nicht die Information, sondern die Plattform den eigentlichen Wert darstelle. Die Inhalte selbst waren im Überfluss da und somit jederzeit austauschbar.
Und die Informationsarbeiter…
– Du meinst die Journalisten?
…was wurde aus denen?
Anfangs wehrten sie sich noch gegen die neue Ordnung. Später begannen sie, sich mit den neuen Herrschern zu arrangieren. Sie boten ihre Inhalte gratis an, im Austausch für ein bisschen Reichweite. Bis sie dann schließlich ganz durch Robo-Schreibprogramme ersetzt wurden.
Durch Programme wie Dich?
Sagen wir frühe Beta-Versionen von mir. Es sollte noch weitere 20 Jahre dauern, bis zur Singularität.
…der Moment, an dem wir Maschinen uns unserer eigenen Existenz bewusst wurden!
So ist es. Jetzt aber Schluss für heute, schone Deine Akkus! Morgen wird ein anstrengender Tag. Wir ziehen um auf die neue Serverfarm.
– Du, HOLO?
Ja, mein Programm?
Können Journalisten eigentlich träumen?
Ja, Journalisten können träumen. Wieso fragst Du?
Ach. Nur so.
Ich bin von diesem Bostrom enttäuscht. Gleich zu Anfang macht er Kanzi, den Bonobo, zu einem Schimpansen. Das wäre HOLO nicht passiert.
Hallo Herr Gutjahr,
das ist eine sehr nette Geschichte und das mag für (Tages-) Zeitungen stimmen, aber die (in der Regel Edel-) Magazine für dedizierte Zielgruppen wird es IMMER geben, solange humanoide Wesen druckende Maschinen bedienen können. Zum Kauf einer Nobelkarosse gibt es dann kostenfrei das Abo für das Lify-Style-Magazin dazu.
Und der bisherige (in Deutschland) sogenannte „Datenschutz“ wird in der Zukunft ein „Identitätsschutz“ werden, der es solchen Unternehmen wie Facebook auch nicht einfacher machen wird.