Blogger, Facebook, Twitter & Co haben nicht nur das Sender-Empänger-Prinzip der Journalisten auf den Kopf gestellt. Gerade in der PR-Branche tun sich plötzlich völlig neue Wege auf, mit den Menschen direkt zu kommunizieren. Diese Woche war ich zu Gast beim Bundesverband deutscher Pressesprecher. Thema: Das Web 2.0

Diese Woche war ich zu Gast beim Bundesverband deutscher Pressesprecher. Nicht in meiner Funktion als Journalist, auch nicht in meiner Rolle als Blogger, sondern als bloggender Journalist.

Rund 20 Vertreter waren gekommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: ein Sprecher für Computerspiele, Vertreter von Banken, Hotels, Versicherungen. Unser Thema: das Web 2.0

Man braucht kein Visionär zu sein, um zu begreifen, dass sich gerade Unternehmenssprecher für Soziale Netzwerke begeistern (müssen). Endlich ein Weg vorbei am Schreibtisch des allmächtigen Journalisten direkt zum Publikum!

Der Dumme ist der klassische Redakteur: der verliert seine Bedeutung als Gatekeeper gleich doppelt – gegenüber seinen Lesern/Hörern/Zuschauern aber auch gegenüber den Institutionen. Wozu noch lästige Zwischenhändler?

Von A wie Allianz bis Z wie Zahnärztevereinigung; jeder zweite Unternehmenssprecher in der Runde berichtet, bereits in Sozialen Netzwerken unterwegs zu sein – die meisten davon bei Facebook.

Fans und Follower gewinnen scheinbar immer größere Bedeutung. Für Videospiel-Gigant Activision beispielsweise sind die Twitter-Follower von Skater-Legende Tony Hawk inzwischen mehr wert als jeder Presseverteiler.

Need for Speed

Ein Phänomen, das mir ein Vertreter eines großen DAX- Konzerns schildert: die wachsende Ungeduld der Journalisten. Verlangt werden mehrmals tägliche Updates. Er habe sich antrainiert, Texte nur noch „anzuschreiben“ so der Sprecher. „Bullet-Point-Kommunikation“, nennt er das. Für Zusammenhänge und Erklärungen bleibe einfach keine Zeit.

Copy and Paste

Andere berichten, dass es ihnen immer häufiger gelingt, Pressetexte und vorformulierte Interviews 1:1 im Blatt unterzubringen. Ein Traum für die Kommunikationsprofis, trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, so manch ein Sprecher wünschte sich sogar mehr Gegenwehr.

Einigkeit am heutigen Abend vor allem in einem Punkt: die Journalisten recherchieren schlechter. Früher wurde noch mal angerufen, so der allgemeine Tenor. Heute werden Informationen oft ungeprüft übernommen.

Während die Qualität in den Redaktionen sinkt, steigt die Professionalität bei der PR. Die Mauern zwischen Presse und PR bröckeln. Kein Wunder: immer mehr Journalisten folgen dem Geld und wechseln die Seite.

Fazit

Soziale Netzwerke sind nicht das Maß aller Dinge und am Ende sind sich alle einig: der professionelle Journalist hat noch lange nicht ausgedient. Doch so wie es früher mal war, wird es nie wieder werden.

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5 Kommentare
  1. Eine sehr schöne Standorbestimmung, die sich auch mit meinen Beobachtungen deckt.

  2. Doris Eichmeier schreibt:

    Dass die PR an Professionalität zulegt und dazu Inhalte in journalistischer Qualität anfertigt, kann ich nur begrüßen. Ich erinnere mich mit Schrecken an meinen proppenvollen Papierkorb voller unbrauchbarer Pressemitteilungen in den 80er, 90er und teilweise 10er Jahren. Sie waren entweder geschrieben, als hätte sich der Firmenchef selbst oder ein Werbetexter daran vergangen. Die Themen waren belanglos oder alt. Manche Überschriften waren so kryptisch, dass es meine Augen nicht zum eigentlichen Text geschafft haben. Und allein die „Nachfass-Anrufe“: „Haben Sie denn unsere Pressemitteilung, die wir Ihnen vor zwei Monaten geschickt haben gelesen und wann kommt dazu mindestens ein Einseiter?“ Ehrlich, die digitalen Medien und ihre neue Systematik der Kommunikation war ein Segen für die PR, sie war gezwungen umzudenken und ist dabei, dieser Herausforderung auch zu meistern!
    Für die Medien allerdings tut sich eine knifflige Zwickmühle auf – einerseits verliert der Journalismus enorm an Kraft – andererseits bräuchte er mehr Kraft denn je, um das professioneller gewordene PR-Angebot bewerten zu können! Eine Lösung dafür habe ich keine, auch wenn ich unglaubliche gerne eine hätte.

Willkommen!