Google, Facebook, Apple & Co als Kollaborateure eines Überwachungsapparates, der 1984 in Teilen sogar noch übertrifft. Wer nach Guantanamo, WikiLeaks und der AP-Abhöraffäre noch Zweifel hatte, der muss sich spätestens seit PRISM eingestehen: Die Terroristen haben die USA längst in die Knie gezwungen.

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Größer als Watergate

Nahezu alle digitalen Kommunikationskanäle, die wir nutzen, sei es Handy, E-Mail, Google, Facebook oder Twitter, werden von US-Behörden automatisiert getrackt, die Daten offenbar auf gigantischen Servern in Utah gespeichert. Ein Skandal, größer noch als Watergate, vielleicht sogar größer als die Pentagon Papers.

PRISM bedeutet: Alle Telefonate, E-Mails, Bewegungsdaten eines jeden von uns, fein säuberlich protokolliert und zusammen-getragen von Google, Apple und Facebook. Das grenzt an die Dystopie einer allwissenden Gedankenpolizei. Und das ausgerechnet unter Obama, ein Präsident, von dem viele dachten, er werde die Fehler seines Vorgängers korrigieren, die USA zurück auf den Weg eines Rechtsstaates führen.

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Ich hasse den Gedanken, aber wie kann es sein, dass ich mir plötzlich George W. zurück wünsche? Bei dem wusste man wenigstens, woran man war.

Keine roten Linien mehr

Was bleibt, wenn es keinen Raum mehr für Hoffnung gibt, weil der Mann, der sie am meisten verkörperte, sein eigenes Volk verrät? Was bleibt, wenn es keinen Raum mehr für Verschwörungstheorien gibt, weil die schlimmste von allen sich bereits als wahr erwiesen hat? Wenn man sich eingestehen muss, dass es keine roten Linien mehr gibt, die noch überschritten werden können, dass von hier an alles möglich ist.

Die fragwürdigen Statements von Google, Facebook und Yahoo – präzise so formuliert, dass sie alle ein Hintertürchen offen lassen.

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Präsident Obama im Silicon Valley (2010) / Foto: Pete Souza / White House

Triumph der Aluhut-Träger

Es ist ja nicht so, als hätte man sich nicht schon lange gedacht, dass alles, was man online tut, früher oder später auf irgendeinem Geheimdienst-Server landet. Doch auf einmal die Gewissheit darüber zu haben, dass es tatsächlich so ist, dass all die Alu-Hut-Träger, die man über die Jahre so oft belächelt hatte, am Ende recht behalten sollten, das ist dann doch noch mal eine andere Sache. Wenn die Technik, die befreien und zur Demokratisierung beitragen sollte, uns ausspioniert und am Ende gegen uns gerichtet wird.

Für jemanden wie mich, der überdurchschnittlich viel Zeit online und in den sozialen Netzwerken verbringt, ist es gerade so, als habe man einen guten Freund verloren. Einen Wegbegleiter, der einem in den Rücken gefallen ist, mit dem man sich in Zukunft ob des Verrats wird irgendwie arrangieren müssen. Sicher, es gibt schlimmeres. Ich komme nur gerade nicht drauf, was.

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Sagt nicht, Ihr habt von nichts gewusst

Dabei gab es Hinweise. Ich erinnere mich an den Auftritt von Randi Zuckerberg, Schwester des Facebook-Gründers, vor zwei Jahren beim DLD in München. Nach ihrem Panel blieb Zeit für eine letzte Frage aus dem Publikum. Ich bekam das Mikrofon und fragte sie, ob Facebook Nutzerdaten an US-Behörden weitergebe. Zuckerberg verwies auf die bedeutsame Rolle, die Facebook bei den Protesten in Tunesien spiele. Sie sprach lange und eloquent. Meine Frage jedoch blieb unbeantwortet.

Oder die Live-Schalte zu Julian Assange in die ecuadorianische Botschaft in London letztes Jahr. Da war der Moment, als Assange die US-Geheimdienste mit der Stasi verglich. Wir tauschen Informationen über unser Privatleben gegen die Hoffnung, flachgelegt zu werden, so Assange. Der Gedanke war für mich so dermaßen absurd, dass ich zunächst glaubte, mich verhört zu haben. Hier die Passage im Wortlaut:

Gutjahr: 
“Facebook is a CIA spying machine”. What do you mean by that?

Assange: 
It is interesting to look at the penetration of East Germany by the Stasi. In the biggest it’s saying that up to one in ten people in East Germany was an informer. While countries like Iceland which had 88% Facebook penetration; 88% of people are informers. Now they are not paid in cash. Instead they are paid in social credits. They find out information about their friends and they are paid by, well you know, getting laid.

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Gutjahr: 
I am sorry what was that, by getting laid?

Assange:
 By getting laid.

Gutjahr: 
You mean like sexual –

Assange:
 They find out who is single, who is available etcetera and that’s how….

Gutjahr:
 Okay

Assange: 
And their probable exclusion from being… from getting laid is what has pushed most people to Facebook and turn them all into informers on their friends. So all that information travels in the United States and is stored in vast warehouses. Where US Intelligence has access to it. It’s a reality. Not just US intelligence but US law enforcement.

Gutjahr:
 You are referring to the Patriot Act?

Assange:
 Not just the Patriot.. there is many of these acts. There is about sixteen that are used. Facebook even discloses occasionally. I mean orders and requests it has had directly. But it’s a great burden on these companies to constantly fulfill these sort of lawful interception requirements. So they automate the process as much as possible.

(Das Transkript zu dem Gespräch zum Auftakt des Convention Camps in Hannover findet Ihr hier)

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Operation #Prismbreak

Es ist sicherlich noch zu früh, endgültige Schlüsse aus PRISM zu ziehen, zumal wir hoffen können, dass wir in den nächsten Tagen noch mehr über das Programm erfahren.

Für mich sind die Enthüllungen des Guardian schon jetzt ein Ansporn, in Zukunft noch wachsamer zu sein. Gesetze wie Bestandsdatenauskunft, Vorratsdatenspeicherung und Telekommunikationsüberwachung noch stärker zu hinterfragen. Die Öffentlichkeit zu suchen, wenn Politiker wissentlich die Unwahrheit sagen. Verbündete* zu finden, um für mehr Transparenz in der Öffentlichkeit zu sorgen.

Transparenz und Öffentlichkeit – am Ende des Tages ist das alles, was uns noch bleibt, um staatliche Allmachtsphantasien wie PRISM zu verhindern.

Eure Meinung: Krass – oder – Na und – Ich hab nichts zu verbergen…?

*Mit LobbyPlag haben wir uns beispielsweise bemüht, aufzuzeigen, wer in Europa den Datensammlern und damit in letzter Konsequenz auch den Geheimdiensten zuarbeitet.

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Dazu auch:

Facebook Home – der Feind in Deinem Netz

Bestandsdaten außer Kontrollen

Die Anti-Terror-Lüge

Er hat „Bombe“ gesagt

Der iPhone-Tracker – wie Euch das iPhone ausspioniert (Video)

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29 Kommentare
  1. gutjahr-leser schreibt:

    Folgendes kann ich nachvollziehen:

    „Wenn die Technik, die befreien und zur Demokratisierung beitragen sollte, uns ausspioniert und am Ende gegen uns gerichtet wird.
    Für jemanden wie mich, der überdurchschnittlich viel Zeit online und in den sozialen Netzwerken verbringt, ist es gerade so, als habe man einen guten Freund verloren. Einen Wegbegleiter, der einem in den Rücken gefallen ist“

    Trotzdem nicht aufgeben und den Fokus darauf richten, wo wir etwas ausrichten können:

    Stopp Bestandsdatenauskunft
    https ://stopp-bda.de

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